Lyss nach Friedrich von Mülinen - Das Seeland 1893

(Lissa 1009, Lissu 1187, Liso 1238. Lise 1246, Lisson, Lissen 1256, Lisa 1282).

Pfarrdorf im Amtsbezirk Aarberg, an der Kreuzung der Bern-Biel und Aarberg-Büren-(Murten-Solothurn) Strasse, über Aarberg von Bern 5 Stunden, von Aarberg 1 Stunde, von Büren 2 Stunden entfernt. Das Dorf Lyss hat 1888 Einwohner in 201 Häusern. Mit Eigenacker, Künidei, Rossi, Grentschel, Hardern bildet es eine Einwohnergemeinde (2198 Einwohner in 251 Häusern) Diese bildet zugleich den Kirchensprengel. Das Dorf ist eingetheilt in 8 Bezirke: hintere Gasse, Fuchsgasse, Herrengasse, Stygli, in den Stauden, am Schlattbach, ob der Kirche und bei oder hinter der Kirche.

Auf dem Leuerenfeld oberhalb Lyss soll eine Stadt gestanden haben. Auf dem Huttirain im Dorfe, bei dem sogenannten Kirchhubel, steht ein mehr als 80‘ hoher Grabhügel. Zwischen Lyss und Busswyl sind drei Grabhügel.
Die Kirche von Lyss gehörte in frühster Zeit dem Kloster St.Moritz in Augaunum (im Wallis); sie wird bezeichnet als in der Grafschaft Uranestorf gelegen. 1009 vertauschte sie die Abtei an einen Hupald um Güter zu Anestre (Ins) . (FRB I 292 – 293)

Das Dorf gehörte zur Herrschaft der Grafen von Neuenburg-Aarberg und kam mit derselben an Bern 1367 (siehe den Artikel Aarberg)

Die Johanniter von Buchsee hatten Besitz im Orte vertauschten ihn aber 1256 an das Priora der Petersinsel (FRB II 428).Frienisberg erhielt 1264 von Heinrich von Schüpfen, Ritter,als Schadenersatz die „Sellant“ genannten Güter in Lyss. Der Letztere vermachte 1267 seinem Schwiegersohn Hemmann von Mattstetten unter anderem auch eine Schuppose zu Lyss (FRB II 428, 611, 687, 621, III 132,256).Frienisberg erhielt 1408 von Frau Margaretha von Spins, geborner von Spiegelberg, drei Schupposen in Lyss (Frieden,das Kloster Frienisberg 67.)

Über die Mühle des Ortes scheint Wilhelm von Aarberg mit den Johannitern von Buchse in Streit gerathen zu sein; als aber seine Aarberger bestätigten, dass ihm daran sein Recht zustehe, überliess er sie den Johannitern, (FRB III 21). Als Hugo von Diessenhofen, Komthur zu Buchse, sein Haus in Schulden gestürzt, verkaufte sein Nachfolger Berchtold der Biztom 1323 die Ordensgüter in Lyss um 80 Pfund Pfening dem Walther von Wohlhusen, Burger von Solothuirn. Auch diese Verhandlung blieb nicht unbeanstandet (FRB V 327,538,719)

Auch Frienisberg hatte Mühe, seinen Besitz zu behalten – die Aebte von St.Urban und Altenryf mussten 1284 zwischen dem Stift und Machthild vom Seedorf vermitteln (RFB III 369) – Agnes vom Stein und ihr Bruder Hartmann hatten 1390 Güter zu Lyss, die von Aarberg zu Lehen gingen. (Aarberg-Doc-Buch 44 b)

Das Inselspital in Bern bezog 1676 aus Lyss von Christian Arn, Christian und Hans Ris und Abraham Beck einige Bodenzinse (Bodenzins und Zehnten Urbar von 1676 im Archiv des Inselspitals S. 623,627,631).

In Lyss bestanden schon 1238 zwei Kirchen, beide im Dekanat Wengen im Erzdiakonat Burgund, Bisthum Konstanz; eine Urkunde von 1246 nennt zwei Leutpriester (FRB II 180,272, III 154,158)

Der Kirchensatz von Niederlyss gehörte vor 1371 den Brüdern Johann und Heinrich von Gysenstein; sie verkauften ihn in diesem Jahre dem bescheidenen Manne Konrad von Durrach, Burger zu Solothurn (Solothurner Wochenblatt 1827 S.137-138) Die Kirche von Niederlyss war St.Johannes geweiht(Solothurner Wochenblatt 1827 S.138)

Rudolf von Balm und seine Gemahlin Judenta von Kempten vergabten 1282 dem Frauenkloster Jnterlaken den Kirchensatz von Ober-Lyss mit ihren dortigen Gütern (FRB III 333 Tatarinoff, die Entwicklung der Propstei Jnterlaken im 13.Jahrhundert, S. 156-161) Jnterlaken verkaufte ihn 1336 an den Grafen Peter von Aarberg, weil die Güter in Lyss durch Aarüberschwemmungen bedeutend an Werth verloren hatten (FRB VI 309). Graf Peter von Aarberg verkaufte 1367 seine Herrschaft, darunter den Kirchensatz von Oberlyss und das Dorf Lyss an den Grafen Rudolf von Neuenburg-Nidau. Von ihm und seinen Erben kam die Herrschaft an Bern, was Kaiser Karl IV. 1376 bestätigte (Solothurner Wochenbaltt 1829, 398-467)

Noch im Jahre 1393 hatten beide, Ober- und Niederlyss, ihren Leutpriester ( N.F. von Mülinen,Geistlichkeit des Kantons Bern 623,624) Die Kirche von Niederlyss scheint aber bald darnach ihre Bedeutung verloren zu haben. Auch derjenigen von Oberlyss wurde 1465 das Zeugnis der Baufälligkeit ausgestellt. (Rahn, zur Statistik der schweizerischen Kunstdenkmäler im Anzeiger für schweiz. Alterhumskunde 1882, 244). Leider gibt uns der Visitationsbericht von 1453 darüber gar keine Nachrichten. Nach der Reformation scheinen die Kirchgemeinden vereinigt worden zu sein. Sie wurden dem kapitel Büren einverleibt.

Glasgemälde der Kirche sah mein Vater 1871 in Scherben und Splittern im Pfarrhaus. Es waren solche von 5 Scheiben:

1.Gebrüderschaft zu Werdt 1705
2.Alexander von Wattenwyl, des kleinen Raths und Seckelmeister teutscher Landen 1705
3.Johann Jakob Strub, Pfarrer zu Lyss, diesmaliger Kammerer einer ehrwürdigen Klasse Büren 1729
4.Wappen:Tschiffeli
5.Reichsadler, von Bär und Leu gehalten, Bischof und Adler mit Reichsapfel (ganz verdorben )

Dagegen enthält die Kirche ein hübsches Chor und eine schön geschnitzte Kanzel.

Geweiht war die Kirche unser lieben Frauen, den heiligen Sebastian, Antonius und andern. Von den zwei Glocken stammt die eine aus des Berners David Zeender Giesserei (1679), die andere reicht wohl in das 15. Jajhrhundert zurück, indem sie bloss die Namen der Evangelisten in gothischen Minuskeln aufweist(Rüscheler 62) Pfarrhaus und Kirche sind in Weibels Sammlung: Die Pfarrhäuser des Kantons Bern, abgebildet 1823

Bekanntere Pfarrer sind:

Abraham Spengler, ordiniert 1705, Pfarrer zu Neueneck vom Januar 1706-1735, zu Lyss 1735-1764. Er starb als der älteste Landesgeistliche im Februar 1764, 85 jährig.

Daniel Ludwig Studer aus Bern, geboren 25.100.1738, ordiniert 1752, Provisorius im Gymnasium zu Bern 1754, Inselprediger 1756, Pfarrer in Lyss 19.März 1764 – September 1774, 2 Professor der Theologie in Bern im September 1774, Rector der Akademie 1777 – 1780, Präpositus auf der Schule 1779-1785, Präpositus im Kloster 1784-1791, wiederum Rector 1792-1796, starb im Juni 1796

Georg Samuel Lauterburg aus Bern, geboren 1780,ordiniert 1803, Pfarrer zu Saanen 1807-1812, zu Oberbipp 1812 – 1829, zu Lyss 1829 -1860, starb im November 1860.

Burgergeschlechter von Lyss sind:
Aebi, Affolter, Arn, Bangerter, Baumgartner, Blank, Bleuer, Bürgi, von Dach,Gygi, Kräuchi, Kuchen, Marti, Möri, Rufer, Ryhner, Ryz, Schwander, Specht, Steiner, Weibel, Wysshaar, Zimmermann (Rämy 165)

Aus Lyss gebürtig war Urs Hirsinger, der letzte Abt zu Frienisberg 1503-1528. Bei der Klosteraufhebung und Säcularisation 1528 bot Bern ihm die Vogtei seines alten Klosters an unter der Bedingung, dass er protestantisch werde. Er lehnte es ab und kaufte sich, einem alten Glauben treu, im Kloster Altenryf bei Freiburg ein. Er starb hier den 24.Januar 1539. Ein Stein, der sein Wappen trägt, schmückte ein Haus in Lyss; jetzt ist er im bernischen Museum (von Mülinen, Helvetia Sacra I 187)

Von einem Geschlecht von Lyss (de Lisso) sind Immo, ein Wohltäter von St.Johannsen (1185) und Petrus (1187) erwähnt (FRB I 478,482)

Die Burg soll dicht über dem Dorfe gestanden haben, auf jenem isolierten Hügel, der das Aarufer und die Ausmündung des Lyssbachthales beherrscht.

Literatur:

FRB (Fontes Rerum Bernensium)
D.S. 10.105 ?
Albert Jahn antiq. Beschrieben 356-357, 509
Albert Jahn Chronik des Kantons Bern 556-557 Suche
Rämy 165
Lohner 570-574
Topographische Karte 138