Bruderstreit vor über 200 Jahren
Am Sonntag, den 3. November 1771, meldete der Chorrichter Hübscher von Werdt, dass die beiden Brüder Claus und Bendicht Löffel von Worben «in dieser letztvergangenen Wochen zu Werdt miteinanderen in einen heftigen Zank gerathen und darbey erschröckliche Fluchwort ausgestossen››.
Ein Chorrichter war damals eidlich verpflichtet, in solchen Fällen einzuschreiten und Anzeige zu erstatten. Hübscher mahnte und warnte die beiden Streithähne vor den Folgen, was aber offenbar vorerst nichts nützte, so dass er ihnen eröffnen musste, er werde sie wegen Fluchens und Schwörens anklagen.
Vermutlich wurde die Wut der streitbaren Brüder dadurch etwas gedämpft, denn es heisst, «nach Aussag des Chorrichters haben sie angehalten, man sölle ihnen nicht Kösten machen“. Mit andern Worten: man solle sie nicht durch den Weibel aufbieten lassen, denn «sie wollen sonst erscheinen“. Dieser Bitte entsprach das Chorgericht; es beschloss, das Aufgebot «solle ihnen in Freundlichkeit gesagt werden››.
Am folgenden Sonntag konnte der Prädikant Daniel Ludwig Studer, nachmaliger Theologieprofessor an der Universität Bem, tatsächlich melden, dass Bentz Löffel «in diser Wochen bey mir gewesen, seinen Fehler bekennt und bezeüget, dass es ihm sehr leid seye››. Er habe auch inständig gebeten, ihn vor dem Erscheinen vor Chorgericht zu bewahren, «dieweil er schon alt seye und in seinem Leben noch niemahl vor Chorgericht gewesen››. Er, der Prädikant, habe ihm versprochen, dies den Chorrichtern vorzubringen; «er solle aber da seyn, damit er erwarte, was erkennt worden»
Dann heisst es im Protokoll weiter; «Da nun die Chorrichter von demselben sagten, dass er sonst kein böser Mann seye, auch nicht fluche und schweere, so ist erkennet worden, demselbigen zu schenken, dass er erscheine. Der andere aber, Claus Löffel, ist erschinnen, hat auch seine Fehler bekennt und bezeuget, dass er es bereüe. Sind
darauf einem 10 Schilling Buss auferlegt worden.›› Man könnte vermuten, nur „einem“, dem Claus, seien 10 Schilling aufgebrummt worden, doch am Blattrande steht die Zahl «7 1/2 bz.››. Nun entsprechen aber diese siebeneinhalb Batzen dem Wert von 2
mal 10 Schilling. Also musste auch Bentz dran glauben. Immerhin blieb ihm die Schande erspart, vor Chorgericht zu erscheinen, und das war wohl 10 Schilling wert.