vom füwr
Am 27. Brachmonat (Juni) 1655 musste sich die Frau des Kesselflickers vor Chorgericht verantworten.
Dieser Fall ist besonders interessant, weil das Protokoll darüber uns
auch Einblick gewährt in die damalige Küche. Der geneigte Leser möge sich selbst ein Bild davon machen.
Das Protokoll lautet: «ist ouch erschinnen die Spängleren, wegen dass sy zum füwr und zu den kinden gar schlächtlich und liederlich Sorg hatt, wie iren dann urılangst ein ellender, erschrockenlicher und erbärmlicher unfahl in irem abwesen widerfahren, indem sy die kind allein daheim glassen und iren eines hierzwüschen in das fiiwr gfallen, Welches leider übel beschädiget, gschändt und verbrönnt worden,
dass es des gruwsamen schmerzen halben in wenigen tagen hernach sterben müssen. Sy ist bekantlich (geständig) und verspricht sich, sy habe dem elteren und grösseren meydtlin befolchen ghan, es sölle zu dem kind sorg han, und wyl das grösser seige gsyn gen wasser reichen, seige das Jünger in das lüwr gfallen; sy bette aber Gott und ein Ehrbarckeit (das Chorgericht) umb gnad.›>
Die Chorrichter fanden, die Arme sei durch diesen tragischen Unfall selbst genug gestraft, und man begnügte sich damit, sie «mächtig zu beschelten mit ernstlichem befelch, dass sy zum füwr und zu den kinden ins künfftig besser sorg heige,und wenn sy von huss wölle, dass sy das füwr flyssig bräche und usslösche.›>
Auch an andern Stellen kommen begründete Vorwürfe wegen Unachtsamkeit gegenüber dem Feuer vor, hatte man doch schon verschiedene Brände erlebt, was bei der damaligen Bauart und den Kücheneinrichtungen der Wohnhäuser nicht verwunderlich war. Eine der schwersten Brandkatastrophen aber traf das Dorf am letzten Mittwoch des Monats Februar 1694. Eine wirkliche Katastrophe, besonders wenn man bedenkt, dass es damals keine Versicherung gegen Brandschaden gab. Da blieb denn nichts anderes übrig, als «betteln zu gehen››. In den umliegenden Ortschaften wurden Sammlungen veranstaltet, und auch der damalige Landvogt in Aarberg,
Anthoni von Graffenried, liess sich einspannen zu helfen. Sein diesbezüglicher Brief nach Bern ist so aufschlussreich, dass wir ihn hier im Wortlaut folgen lassen:
«Denen hochgeachten, wohledelgeborenen, gestrengen, frommen, Ehren- und wohlfesten, fürnemmen, fürsichtigen Hoch- und wohlweisen Herren, Hr. Schultheissen und Rath, Lobl. Stadt Bern, meinen insonders grossgeachteten und hochgeehrten, gnädigen Herren.›> So lautete die Adresse auf dem Brief; der Brief selbst begann:
«Hochgeachte und Hochgeehıte Gnädige Herren, Jüngst verwichenen Mittwochen als den letzten des abgeloffenen Monats hat Gott der Herr das Dorf Lyss mit seinem Zomfeuer abermahlen dergestalt hart heimbgesucht, dass bey starckem eingefallenem Byswind innert einer halben stund 16 firsten in völligem Brand gestanden, darunter das Schulhaus sambt eilf anderen heüssern, zwo schüren und zween spicher begriffen; und obwohlen disere gesambte gebeuw zu beiden syten dern zimlich grossen Dorfbach nach gelegen,
hat dennoch wegen so gahr wilden feuers, so die starcke Bysen gleichsam augenblicklich von einem gebeuw in das andere gethragen, an hausräthlich sachen und gethreid nichts errettet worden können, und ist auch ein betagte Weibsperson, so etwas erretten wollte, in dem einten Haus verbrunnen; massen clise arme leüt neben Verlust irer Heüsseren auch aller nahrung und sonderlich des zum ansäyen bedürffiigen Gewechses beraubed sind. Diss feür ist in zweyer gebrüder Risen Behausung zwischen 3 und 4 Uhr nach mittag angeıngen, ohne dass man dessen eigentliche Ursach erfahren können.
Desto mehr EW. g.h. (gnädige Herren) ich unberíchtet nit lassen,sonderen dieselben umb angewohntes Väterliches mitleiden, gnädiges Einsehen und Wegweisung meines Verhaltens des Sam-Gwechses halber hirmit ersuchen Wollen.
Ew. g. H. in erwartung deren befelchs deren obsorg und gnädigem schutz Gottes wohl empfelchend,
Arberg, 3. Marty 1694
Getreuer und gehorsamer Diener und Burger
Anthoni von Graffenriedt»