Frau E.Mäschi Büren

«Elsbeth Hügli zu Ruchwyl bürtig, jez aber zu Büren Hans Ulrich Mäschis wyb» war schon einige Jahre verheiratet, als sie die Nachricht erhielt, ihre betagten Eltern in Ruchwil wünschten ihre Anwesenheit. War jemand erkrankt? Man weiss es nicht; doch Elsbeth machte sich schleunigst auf den Weg, hoch zu Ross, ganz allein,

Richtung Lyss.

Aus dem Ablauf der Geschichte, wie sie in den Chorgerichtsprotokollen geschildert wird, darf man schliessen, dass die junge Frau Mäschi beim Wirtshaus in Lyss abstieg, um zu rasten und eine Erfrischung einzunehmen. Zu gleicher Zeit sass Daniel Renfer, der «Zubott» von Seedorf ebenfalls in der Wirtsstube, nicht mehr ganz nüchtern, Wie auch schon; wir erinnern uns ja noch seiner, wie er anfangs Winters sternhagelvoll im Schnee liegen blieb und nur zufälligerweise vor dem Erfrierungstode errettet wurde.

Die junge Frau machte sichtlich Eindruck auf ihn. Er sah sie vom Pferde steigen, so leicht und elegant, schien es ihm; und trug sie nicht eine seidene „Gippen“ und einen Rock aus feinstem «Tüchli››? Wie das knisterte! Das war etwas anderes als das bekannte «wie läbsch, wie läbsch, wie läbsch» des dicken „Gloschlis“ und grobwollenen «Kittels» bei jedem Schritte seiner Frau. Drum war er auch gleich draussen vor der Wirtschaft, als Frau Mäschi aufbrach. Galant anerbot er ihr, das Pferd über den Bach zu führen. Sie liess das gutwillig und spasseshalber geschehen. «Bim pfrundbaumgarten sige sie ufgsässen››, um schnell Weiterzureiten. Doch nun geschah das Unerhörte: «Do sie zum faldthürli by der kilchen kommen sige, heige Renfer das Ross bim stiel erwütscht, auch darnach bim Zaum, sige das fäld us vorfür gloffen, sprechende: sie sigejez under sinem gwalt; Wen sie in das holz (Wald) komme, so müsse sie thun, was er welle, oder er welle sie niderschlan. Er sige

hinden an des ross stiel gehanget und heige denselben umbträit; und Wiewol sie eins und das ander gseit, sige er glichwol für (vor) das ross gestanden; sie heige für ihn Wellen, er aber heige sie nit Wellen lassen für ihn fahren.“

Dies waren - zusammengefasst - die Anklagepunkte, die am 18. Februar 1670 Frau Elsbeth Mäschi und ihr Rechtsbeistand, Grossweibel H. R .Graf aus Büren, im Chorgericht in Lyss gegen Daniel Renfer, den „Zubott“ von Seedorf, vorbrachten.

Weil aber der Angeklagte, so heisst es weiter, «das eint und ander gelaugnet, hatt Frauw Elsbeth Mäschi kundschaft genamset››, nämlich «einen Müller, so by uns in der oberen Müli ist, und einen anderen, so von Arberg kommen, so Bartli Bürgi ist, dess Hansen Sohn, vor welchem sie sich erklagt heige, sie sige ihres lybes nit sicher››.

Ferner «der Durs Moser sige endtlichen hinden naehen kommen››. Diese alle können sicher bestätigen, was sie jetzt ausgesagt habe. Man solle sie zur Zeugenaussage aufbieten.

Das Chorgericht kannte den losen Vogel Daniel von früher her; man hatte ihn ja schon einmal in die „Kefi“ bringen lasse. Trotzdem sollte nicht voreilig oder ungerecht geurteilt werden. Die Chorrichter wollten die volle Wahrheit Wissen. Deshalb fand man für richtig, alle genannten Zeugen schon auf den nächsten Freitag durch den Weibel

aufbieten zu lassen. Man behielt sich sogar vor, zusätzliche «Zügsame» zu stellen. Die Stadt Büren sollte sich nicht über Lyss zu beklagen haben. Und es gab tatsächlich so etwas wie ein „Musterverhör“.