Grichtgelt
In der «Satzung und Ordnung des Chor- und Ehegerichts der Statt Bern um allerhand Ehesachen, item straff des Ehebruchs, Hury, ouch anderer Lasteren und Fäleren, für Statt und Land» aus dem Jahre 1640 steht über die Verwendung des <<Urteils- oder Grichtsgelts» folgende Bestimmung:
«So nun die Richter zwüschen den partyen umb die Ehe ein rechtlichs urteil fellend, gibt jede party ein pfund, Welches samt übrigem Grichtgelt zusamengelegt und nach verschynung (Ablauf) des halben Jahrs under die Richter und den Schryber glychlich getheilt werden soll.››
Das hier erwähnte «übrige Grichtsgelt» betraf allerlei Vergehen, zu deren Bestrafung verschiedene Ansätze galten. Die letzte Chorgerichtssitzung vor dieser «Uff Montag nach St. Jacobstag, den 26. July 1647›› anberaumten Abrechnung war noch recht ergiebig. Sie fand also am «Sonntag uff St. J acobstag» statt «irn bysyn des Herren Vogts zu Arberg, Herren Peter Wyssen››, und im Protokoll dazu lesen wir: «Bendicht Weibel, der jung Schnyder, gibt von tanzens wegen im Gräntschel 10 Schilling Chorkosten und 1 Gulden buss.›› Die Busse,
1 Gulden, floss in die Tasche des Landvogtes und betrug rund vier mal soviel wie die Chorrichter erhielten. Des Schneiclerleins Tanzvergnügen kam recht teuer zu stehen. Wir lesen weiter: «Caspar Kläntschi, des Cenz Kläntschis Sun, und Elsbeth Luder, Rudin Luders säligen tochter, Wegen dass sy ein unehlich Kind byeinanderen erzüget, sind beide, wyl sy ihn mit dem Kind der Eh halben angsprochen, fir das Chorgricht gen Bern gwisen worden, und gibt yedes 1 guldin,thutt2 guldin.››
Der Prädikant setzte die Bemerkung darunter: «ist glegt und zalt.››Übrigens, wie wurde dieser Fall vor dem Oberchorgericht in Bern entschieden? Schon am folgenden Tag, Montag„ den 26. Juli, erschienen die zwei Delinquenten vor der hohen Obrigkeit in Bern. Beide wurden streng verhört. Ihre Aussagen widersprachen sich offenbar so sehr, dass schliesslich der Arzt beigezogen werden musste; sein Befund: Schwangerschaft steht nicht einwandfrei fest, zum wenigsten noch nicht.
Deshalb wurde in Bern protokolliert: «Caspar Kläntschin von Lys ist von Elsbet Luder, die inne (ihn) mit schwangerem lyb, aber ohne grund, der ehe angesprochen, ledig erkent (freigesprochen), beide in vorige fryheit gestelt und er verfelt worden (gebüsst worden) ira allen kosten diser sach abzutragen, und, wann sy schwanger wäre und imme das Kind beim eid zueignen werde, es annemmen, uferzüchen, ira 3 kronen in die kindtbettin geben und für den Cranz 15 kronen usrichten solle under gemeltem Vorbhalt.›› Da hatte sich Caspar etwas Schönes eingebrockt! Heiraten wollte er Elsbeth nicht, das stand fest; aber in den paar folgenden Wochen wurde entschieden, ob er ein Kind aufzuerziehen haben würde und dazu noch über 60 Pfund bezahlen sollte. Besonders die 15 Kronen für den <<Cranz›› wurmtcn ihn_ Was hatte dieser <<Cranz>› eigentlich fur eine Bedeutung?
Wir wissen, dass nur ledige Mädchen mit dem <<Kränzli›› auf dem Kopfe zur Kirche gehen durften, und es war lange Zeit Brauch, dass dieses Kränzlein als entsprechendes Symbol auf dem Gange zur Kirche und bei festlichen Anlässen getragen wurde, besonders bei der Hochzeit. Wehe einer Braut, die trotz schwangerem Leib noch das Kränzlein trug an der Hochzeitsfeier!
Der Zusammenhang zwischen Mädchentum und Kranz scheint klar zu sein. Immerhin seien hier noch einige Angaben aus dem «Idiotikon›› wiedergegeben: «Kränzli: cylindrisch breite Pappenstreifen, mit Blumen und Flittergold (Goldspängeli) behängt, oben darüber mit Läubli.›› «Es war Übung, dass an Hochzeiten den Töchtern die Kràlnze abgenommen wurden» «Kränzligeld: Strafgeld, Welches Mannspersonen für das «Entblümen» einer Jungfrau, die sie nicht heiraten wollen, an einigen Orten dem Mädchen selbst, an andern dem Fiscus zu bezahlen haben, Welcher diese Busse auch für Kinder fordert, die von Huren und Witwen geboren werden.›>
Und noch folgende Bestimmung aus dern Jahre 1712: «Wir haben geordnet, dass den Tirnen nichts mehr für den Kranz bezahlt werden soll.›>