Gottlose Spielbuben
Bekanntlich gilt heute das Jassen als einer der beliebtesten Zeitvertreibe, und alljährlich wird darin sogar um die schweizerische Meisterschaft gekämpft. Nicht nur Herren, auch Damen finden sich privat oder in Gaststuben zu diesem so variantenreichen Spiel zusammen.
So etwas war in früheren Zeiten streng verboten, und zwar sowohl in öffentlichen Lokalen wie privat. Wenn es trotzdem geschah, so nur in aller Heimlichkeit, was natürlich dem Spiele einen besondern Reiz verlieh, den der heutige Jasser nicht mehr erleben kann. Man denke doch: Jeder musste auf die Verschwiegenheit seiner Mitspieler zählen können; aber auch Angehörigen im Hause, da gespielt wurde,
musste strenges Maulhalten eingeschärft werden; man musste sich vorsehen vor unerwartetem Besuch und natürlich aufpassen, dass Vorübergehende weder etwas Verdächtiges sahen noch hörten.
Kein Wunder also, dass ein einzelstehendes Haus im Grentschel sich am geeignetsten für eine solche „Spielhölle“ erweisen mochte. Tatsächlich spielten die Kameraden dort unbehelligt über ein Jahr lang. Aber es gab damals sogenannte Heimlicher, die über das moralische Verhalten der lieben Mitbürger wachen mussten, und es gab wohl auch zusätzlich Moral- und Missgunsttanten, die geringsten Verdacht von etwas Unlauterem dem Pfarrer oder einem Chorrichter vermeldeten. Und diese gestrengen Herren mussten ihrem Amtseid entsprechend einschreiten.
So lesen wir denn im Chorgerichtsmanual: «Am 7. Dezember 1710 sind vor Chorgricht erschinnen Hans Baumgartner, der küffer im Grentschel, Rudin Arn, der Profoss, Christen Bürgi und Hanslin Bürgi als gebrüder, welche alle daselbst des verübten schandlichen Spielens halber sind angeklagt und beschuldiget worden, fürnemblich aber der erste unter denselben, so sein hauss dazu geliehen hat»
Sie wurden scharf beim Wickel gepackt. Einer nach dem andern gestand denn auch sein Verbrechen, und scheinbar wurden die Spieler davon überzeugt, etwas wirklich Sündhaftes begangen zu haben, denn es heisst, sie hätten «anbey mit bezeügung einer rechten wahren reü Gott und eine Ehrbarkeit (Chorgericht) umb verzeichung gebetten, darneben auch treulich verheissen, sich lebenslang durch die gnad Gottes des faulen und heillosen Spielens zu müssigen und zu entschlagen“
Und das Urteil; «der Baumgartner, der sein hauss darzu geben, darinnen man Jahr und tag das Spielen verübet, solle mit 10 pfund buss abgestraffet werden mit dem heiteren anhang (klaren Zusatz), dass, wofern er in das künfftig weiters statt und platz in seinem hauss darzu geben wurde, man ihnne aus der gemeinde aussenbieten (ausweisen) und an höheren orthen (Landvogt) ungezweiffelt verleiden (anzeigen) wurde. Von den anderen aber, Weil sie aus dem Spielen so ein handwerck getrieben und verschreyte Spieler seyen, solle ein ieglicher der Ehrbarkeit 2 pfund buss zur straff erlegen und hernach mit 24stündiger Gefangenschafft abgestrafft werden. Und so sie sich weiters erkühnen wurden, dem Spielen nachzuziehen, so werde man sie
für das Oberchorgricht schicken und sie aldorten als gottlose Spielbuben deniozieren (denunzieren).››