D'Liebi mues zanggets han

«Schlagende›> Beweise dieser offenbar schon in vergangenen Jahrhunderten praktizierten Lebensweise finden wir in den folgenden Beispielen.

Dass es sich dabei tatsächlich um Liebe handelte, möge einleitend folgende Eintragung im Chorgerichtsmanual unterm Datum vom «9. tag Meyen 1652›› beweisen, die lautet: «Caspar Kläntschi, der Schumacher, und Anni Möri sind citiert worden, wegen dass wir venommen, wie sy stätts tags und nachts einanderen nachschlüffindt, bywohnung zusammen heigindt››, und sie Wurden gefragt, «ob sy einanderen der eh halben ettwas verheyssen und versprochen heigindt? Und wann ettwas verheyssung geschechen were, söllen sy miteinanderen den gewohnlichen kilchgang bezügen.›> Beide beteuerten, «sy heigen einanderen nüt verheyssen›>. Deswegen wurde ihnen befohlen «dass sy einanderen müssig gan söllindt, denn Wo sy Wyter kundtsame und bywohnung miteinanderen han wurden, söllindt sy dann als huren und buben gestrafft werden››.

Vergessen wir nicht; Es war im Wonnemonat Mai, und die zwei jungen Leute konnten nicht voneinander lassen; aber offenbar beeindruckten die gestrengen Chorrichter sie so sehr, dass sie sich kirchlich trauen liessen; denn schliesslich glaubten sie, in ihrer Liebe den Himmel auf Erden gefunden zu haben.

Aber «erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt››; schon zwei Jahre später, am 29. Oktober 1654, stehen sie wieder vor dem Chorgericht. Wir lesen: «Caspar Kläntschi, der Schumacher, und Anni Möri sind citiert worden, Wegen dass er wider vilfaltige vätterliche trüwe Warnung syn frouw schlacht und übel misshandlet» Er verteidigt sich und klagt: «sy wölle im (ihm) nit folgen, sy wölle nit Wercken oder arbeitten, sy heige nit Wöllen helffen holz tragen; er heige ein färlin im holz (ein Schwein im Eichenwald), es achte synen nüt, suche es nit, er müsse allessamen zu spinnen gän, es gebe im nit zu rechter zyt zu essen, es nüze nüt, wie er sölle huss han,›› Daraufhin verteidigt sich auch Anni: «er seige gar gächzornig und gächschüzig, er schlachs angänz umb eines yeden hadancks (Kleinigkeit) willen, wenn es im glychwol gutten bscheid gäbe und im schwyge.››

Die Chorrichter glaubten Anni, denn das Urteil lautete; «Diewyl er syn frouw schier blind gschlagen, dass es 2 tag nüt gseen, und aller vollen blauwen mosen, sol er erstlich 10 schilling und darnach 1 pfund und siebeneinhalb batzen dem Chorgricht, und mit dem Vogt umb den tagkosten abschaffen» Und man redete auf sie ein: «sy

söllen einander lieben und gutts thun und nit mehr also schlachen, dann wo mehr klag kon wurde, sölte er in keffi erkennt werden.›› Diese Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht; es heisst zum Schluss: «hatt darufiren die hand gän und verheyssen, sy nit mehr zu schlachen.›>

Dass nicht immer der Mann allein schuldig befunden wurde, möge folgendes Protokoll beweisen: «Leni Luder im Gräntschel ist citiert worden, wegen dass es gegen synen Ehman, der ein frommer, ynzogner und husslich man ist, so gar ruch und sträng, wüst mit ihm macht, in (ihn) hudlet und balget, also dass er unlangest von deswegen sich

der husshaltung üsseren wöllen.›› Leni gibt alles zu, meint aber: «es meine es nit böss» und schliesslich «syge ouch sältten ein husshalttung, dass nit ettwan uneinigckeit, strytt und zanck entstande››.

Die Chorrichter nickten Leni verständnisvoll zu. Ob sie zugleich an die Überschrift dieses Artikels dachten, steht natürlich nicht zu Buch. Es heisst nur: «Ist deswegen zur milttigckeit, fründtligckeit und sanfftmutt gägen dem ehman vermant und des kostens halb ledig erkennt worden.››

Dass aber auch Frauen <<schlagende›› Beweise der Redensart «d'Liebi mues zanggets han» erbringen können, dazu möge noch folgende Stelle dienen: «Steffan Spänglers wyb ist darumb bschickt worden, dass sy am anderen tag, nachdem sy ein kindbetterin worden, uss dem huss in das ofenhuss überhin durch den lufft (Durchzug) gangen und kirsen in ofen gworffen. Item dass sy nach der kindtstouffe, als die wyber hinweg waren, dem man ein loch in kopf gschlagen.››