zu den Türcken
Stephan Spengler wird im Chorgerichtsmanual als <<Lumpenträgem bezeichnet. Woher er kam? Das weiss man nicht. Jedenfalls verrät sein Geschlechtsname, dass er kaum seinen Ursprung in dem bäuerlichen Flecken Lyss hatte. Er war ein sogenannter Hintersäss, den man duldete, der kein eigenes Land besass und somit in der Gemeinde praktisch rechtlos war, dem man jedoch wenigstens Gelegenheit bot, etwas Vieh zu halten, was aus folgender Protokollstelle ersichtlich zu sein scheint: «man heige wegen des heürigen raubs(Grasraub) uf der Insulmatten ein Steigerung ghan; do heige man auch dem Stephan Spengler, dem Lumpenträger, die weid in einem ynschlag umb l kronen hingegeben, die man da grad vertruncken habe; es habe einem etwan ein halbmass gezogen»
Diesen Steigerungsbetrag betrachtete man offenbar als nebensächlich, als kaum notierenswürdig, so wie auch der Grasbestand der erwähnten Weide im <<ynschlag›› d.h. in einem schattigen Waldwinkel, bei den an der Steigerung anwesenden Bauern auf kein Interesse stiess
«Soll er”s doch haben, der arme Teufel››, werden sie gedacht haben. Und ein «armer Teufel» schien er schon zu sein, dieser Stephan Spengler; denn kurze Zeit später steht er vor den gestrengen Chorrichtem, zum Teil vor solchen, die auch seine Krone Vertrinken halfen. Was hatte er verbrochen?
Wir lesen: «Stephan Spengler, in bysin Hans Rüdis, des Schulmeisters, ist zu red gestossen worden, dass er vor etwas zyts vor dem Chorgricht sich darmit entschuldigen Wellen, dass er sin tochter nit zur Schul halte, wyl der Schulmeister des Rüdis säl. knab also mit der Ruthen geschlagen, dass das blut ihme zu den Hosen hinab über die tüss hinusgeflossen sige, dahar das Meidtli ein unwillen ab dem Schulmeister habe.›>
Auf den ersten Blick scheint nicht Stephan, sondern der anwesende Schulmeister als Angeklagter dazustehen. Doch hatte das Ganze einen Haken: Spenglers Anschuldigungen wurden überprüft; und es stellte sich heraus, dass er einfach irgendeinen Vorwand suchte, um seine Kinder von der Schule fernzuhalten. Man hielt ihm vor, «die zügsamme (Zeugen) habe sich schon vil anderst Verluthen lassen, und sithar heige er weder dise tochter, noch die anderen kind recht zur Schul gehalten, dahar sie weder ihren Catechismus, noch schriben und läsen können» Darauf entgegnete er, «er halte dafür, dass die, die nit schriben und läsen können, geschickter sigen, weder die schriben und läsen können.›› Das liess man ihm natürlich nicht gelten, im Gegenteil, man hielt ihm vor, «solche gedancken kommen vom Tüfel als einem Hässer der Mittlen der Erkantniss Gottes, und über diss›> hätten seine Kinder im Examen so schlechten Bescheid aus ihrem Katechismus geben können, dass man sie nicht zum «Tisch des Herren››, zum Abendmahl, zulassen dürfe. Wenn aber das <<Meidtli›› trotzdem zum Abendmahl käme, würde «ein Erbarkeit (Gericht) die Eltem und das kind für Chorgricht bschicken››.
Diese Androhung gefiel Stephan Spengler ganz und gar nicht; darum schrie er den gestrengen Herren Chorrichtern ins Gesicht, «die Pfaffen heigen ihn vertriben; wenn ihn schon die Predicanten auch Vertriben, so werde er wohl zu den Türcken müssen››.