eine uneheliche Mutter

Am Sonntag, den 15. Herbstmonat 1771, las der Prädikant den Chorrichtern folgendes Schreiben aus Bern vor: «Richter und Rechtsprechere des Ehegerichts der Statt Bern, unseren freündlichen Gruss bevor.

Freündlich tragen wir Eüch auf, den hinter eüch als Müller-Knecht sich aufhaltenden Christen M. von Trub über die genisstlich erhärtete Paternitätsklag der Elsbeth E. von gleichem Ort zur Verantwortung zu ziehen und solches fürdersamst an Uns langen zu lassen.

Gott mit uns. Datum, 5. Sept. 1771

Hiezu vorerst folgende Erläuterung: «genisstlich erhärtete Paternitätsklag» bedeutet, dass die Mutter des unehelichen Kindes in ihren höchsten Geburtsschmerzen vor zwei anwesenden Chorrichtern den oben erwähnten Christen M. von Trub als Vater des Neugeborenen angab.

Das Chorgericht in Lyss musste also den Müllerknecht vorladen und verhören. Der Prädikant notierte: «Diesem zufolge ist erkent worden, dass der Weibel demselben, so sich hier auf der unteren Mühle aufhaltet, nach eingezogenem Bericht, dass er derselbe seye, auf künfftigen Sontag zu erscheinen bieten solle.“

Am darauffolgenden Sonntag erschien der Müllerknecht vor den ehrwürdigen, gestrengen Herren in der Kirche. Man las ihm das Schreiben aus Bern vor und bat ihn um entsprechende Auskunft. Diese lautete, «er habe mit selbiger weder viel noch wenig zu thun gehabt und habe selbige ihn falsch angeklagt»

Was blieb dem Gericht anders übrig, als die Aussage nach Bern zu berichten? Mit keinem Wort wird irgendein Zweifel an seiner Unschuld angedeutet. Immerhin scheint man den Müllerknecht doch nicht als absolut integren Burschen angesehen zu haben; das Protokoll schliesst nämlich mit folgender Feststellung: «Dieweil aber selbiger ohne Degen (eine in jener Zeit fast unverzeihliche Missachtung des Anstandes) erschinnen ware, so ist umgefragt worden, ab man ihn dafür Strafen wolle. Ist ihm aber die Buss geschenkt worden»

Am 6. Oktober kam dann folgendes Schreiben aus Bern: «Richter und Rechtsprechere des Ehegerichts der Statt Bern, Unseren freündlichen Gruss bevor.

Zumahlen der hinter Eüch gesessene Christen M . von Trub laut Berichts von Eüch aus allen Beyschlaf mit Elsbeth E., gleichfals von Trub, verneinet und das von ihr am 11. elapsí (vergangenen Monats) erbohrene Kind dan würklich verstorben, mithin es um die Paternität (Vaterschaft) nit mehr zu thun ist, haben wir bey dieser Bewandtnus

den M. von dieser Anklag liberiert, hingegen die E. zu 10tägiger Abbüssung, anbey um alle dis Orts ergangenen Kösten auf Moderation hin verfällt, dessen wir Eüch berichten.

Gott mit Uns.

Datum, den 30. Septembris 1771.»

Das schwergeprüfte Elsbethli musste also 10 Tage und Nächte in die «Kefi››; der mutmassliche Vater wurde „liberiert“.