Der Beginn von Lyss

Ausgestorben - Ausgewandert

Immo und Petrus de Lisso standen nie vor Chorgericht; denn zu ihren Lebzeiten gab's das noch nicht. Sie wurden nämlich in Urkunden von 1185 und 1187 erwähnt und man nimmt an, sie seien Ministrale, eine Art Verwaltungsbeamte der damaligen Landgrafen gewesen und man vermutet, sie haben in einer kleinen Burg auf dem Kilchhubel residiert. Sind sie und ihre Nachkommen in Kämpfen umgekommen ? Man weiss es nicht; doch müssen wir sie als ausgestorben betrachten.

Anders liegt es bei dem Geschlecht Kläntschi.Warum wir gerade diesen namen herausgreifen ? Nun, ein bendicht Kläntschi war Chorrichter während fast 30 Jahren, nämlich von 1632 - 1661, ein zweiter Bendicht Kläntschi wirkte als Chorrichter von 1681 bis zu seinem Tode 1696 und versah auch von 1686 an das Weibelamt; zwischenhinein finden wir einen Cenz Kläntschi als Chorrichter von 1668 - 1670 und Hans Kläntschi wird 1662 als Dorfmeister erwähnt.
Nicht genug damit: der Schultheiss und Rat der Stadt Bern "thund khund" in einem Brief, "dass hütt dattumbs (am 6.11.1534) für uns komen sind Ulmann Closs und Peter Klentschin von wegen der Kilchhöri von under Lyss und uns erscheinten (bescheinigten), wie Ire vorderen von Hans Bindenestel, Lütpriester zu Hegendorff, ein gült zu Irer Kilchenbuw erkoufft" und zwar am "Zinstag (Dienstag) nach Ostern im 1520. Jahr"

Was war ihr Anliegen? Durch die Reformation verfiel das gesamte Kirchenvermögen dem Staate. Dagegen wehrte sich Lyss nun in Bezug auf die erwähnte Gültt, deren Erträgnisse ausschliesslich dem Kirchenbau dienen sollten.
Peter Klentschin wurde zusammen mit Ulmann Closs abgeordnet, vor den gnädigen Herren in Bern die Rechtsansprüche von Lyss zu verteidigen. Und sie waren erfolgreich; man überliess ihnen die Gült unter der Bedingung zwar, dass Lyss jährlich dem "Amptman zu Aarberg" darüber Rechnung ablege, dass wirklich restlos alle Erträgnisse aus dieser Gült dem Bau und Unterhalt der Kirche dienen, "oder wo sy buwens nit bedarff, die armen damit bedacht werdind".

Zusammenfassend dürfen wir wohl sagen, dass die Kläntschis sich um unser Dorf verdient gemacht haben.

Wie lebten sie ? Was trieben sie? In erster Linie waren es Landwirte. Dann aber finden wir einen als Schweinehirt, Hans ist Siegrist, Nigli schneidert, Bendicht ist Zimmermann und Caspar Kläntschi ist Schuhmacher und wohnt mit seiner Frau, Anni Möri, auf der Leueren.

Ihr Auskommen war wohl allgemein dürftig und mochte die meisten von Ihnen zur Auswanderung veranlasst haben. So ist zweifelsohne gerade aus dieser Schuhmacherfamilie ein Spross in der Zeit um 1680 nach Deutschland gezogen. Unter dem Datum vom 29.Oktober 1675 lesen wir nämlich, man habe Caspar Kläntschi, den Schuhmacher, gefragt,"worumb er vor etwas wenig jahren sich siner haushaltung und des Landes geüsseret". Darauf habe er geantwortet, "wyl er vil schuldig war und sine gläubiger ihnne getrengt .... so sige er gan Colmar zogen zu sinem Schwager Peter Möri".

Der Schwager hat ihm offenbar finanziell geholfen, so dass er nach Lyss zurückkommen durfte, um die Gläubiger zu befriedigen; aber ein Hans Kaspar Kläntschi, vermutlich sein Sohn, geboren 26.9.1655 in Lyss, verheiratete sich1685 in Erbach im Odenwald, Deutschland, mit Marie Kunigunde Volk und wurde so der Stammvater des weitverzweigten Odenwälder Geschlechts Glenz - so wurde Kläntschi verdeutscht-, war seinerzeit der reichste Einwohner zu Erbach und legte ebendaselbst den Grund zu dem neu aufblühenden handwerklichen Tuchmacher-Gewerbe, wie einer seiner Nachfahren, Professor H.Glenz, gewesener Studienrat in Michelstadt, in seiner Schrift über die Stammfolge Kläntschi aus Lyss darstellt.